Fragment

Adrian Schiess, «Fragment», 1994. Fünffarbige Offsetlithografie, Format 62 x 88 cm; auf der Rückseite signiert (hinten Mitte) und nummeriert. Einmalige, auf 81 Exemplare und 10 épreuves d‘artiste limitierte Auflage der «Edition Heads | HSB», 1995.

Fragment

Adrian Schiess / 1995

susannakulli.ch

Der 1959 in Zürich geborene Adrian Schiess ist kein Unbekannter. Seit 1981 hat er sein Schaffen an mehreren Einzel- und Gruppenausstellungen in Galerien und Kunsthäusern des In- und Auslands gezeigt. Unter anderem wurde er 1992 an die «documenta» in Kassel eingeladen.

Adrian Schiess arbeitet mit Vorgefundenem, mit dem, was sich anbietet. Im Werktypus «Flache Arbeiten» waren das Spanplatten, auf die er glänzenden Autolack aufgetragen hat. Der Typus «Fetzen» andererseits besteht aus eigenem Fundus ausgegrabenen, bereits früher bemalten Papier- und Kartonflächen, die Schiess in scheinbar willkürliche Stücke gerissen und danach erneut bemalt hat, um sie auf neue Art wiederzubeleben.

Für die Edition HSB griff Adrian Schiess jetzt auf ein noch grösseres Arsenal zurück: auf gedruckte Bilder, die für Werbe- oder andere Zwecke in Zeitschriften-Magazinen erschienen sind. Er zerlegt sie in ein wiederum nur scheinbar willkürliches «Fragment» und führt dieses, mittels massstäblicher lithografischer Rückvergrösserung, auf die Originalgrösse des ausschnittweise gezeigten Objekts zurück. Ein solches «Fragment» erschliesst uns die ihm zugrundeliegende Realität, wie wir sie – gerade in der Bilderflut unserer Zeit – zu kennen glauben, ganz neu, ganz anders.

Adrian Schiess erinnert an den Ausspruch von Albrecht Dürer: «Die Kunst liegt in der Natur. Wer sie herausreissen kann, der hat sie.» Aber was ist diese «Natur», was ist Welt, was Realität? Diese Grundfragen treiben Adrian Schiess um. Denn Bilder, ob fotografiert oder gemalt, zeigen nur den Schein einer Realität. Er selbst hat nie das Bedürfnis verspürt, Bilder zu malen, eher schon fast Abscheu davor, wie er einmal bekannte. Es gebe schon zu viele davon, und ausserdem habe er nichts zu erzählen. Lieber verbündet er sich mit dem Zufall oder mit einer Tageslaune und führt ohne lautes Spektakel und ohne heraufbeschworene Dramatik – beides ist ihm ein Greuel – schlicht und einfach vor, was er vorgefunden und hergerichtet hat: ein Fragment der Wirklichkeit, gewissermassen einen visuellen Untersuchungsbericht über den ursprünglich zugrundeliegenden Realitätsschein des Bildes, dem das Stück entstammt.