Schöpfung aus der Farbstrasse

Peter Baviera, «Schöpfung» aus der «Farbstrasse», 1987. Dispersion auf Leinwand. Format 30 x 40 cm. Hergestellt am 02.12.1987 auf einer eigens eingerichteten Farbstrasse in der Halle T13 des Gaswerks in Schlieren-Zürich. Einmalige, limitierte Auflage der «Edition Heads | HSB», 1988, in 105 vom Künstler auf der Rückseite signierten (oben links) und nummerierten Exemplaren; davon 5 Epreuves d’Artiste.

Schöpfung aus der Farbstrasse

Peter Baviera / 1988

Peter Baviera, geboren 1947, will mit seiner Kunst keine persönlichen Geschichten erzählen oder gesellschaftliche Botschaften darstellen. Er beruft sich auf die Forderung Cézannes, wonach ein Kunstwerk von der Biografie des Künstlers losgelöst sein müsse.

Der in Zürich lebende Baviera ist ein analytischer Geist. Ihn interessiert besonders die empirische Analyse des Entstehungsprozesses von Kunst. In seinen Zyklen «Wenn Farbe Materie wird» und «Die Schöpfung» beschäftigte er sich jahrelang damit. «Die Idee und der Prozess ihrer Verwirklichung», sagt Baviera, «ist mir wichtiger als das Resultat selbst». Seine Idee für die Edition Heads / HSB bestand darin, einhundertfünf Unikate eines Bildes seriell herzustellen. Den scheinbaren Widerspruch, den diese Idee in sich hat, durch einen analytisch durchdachten Herstellungsprozess aufzulösen – darin bestand für Peter Baviera die künstlerische Herausforderung.

Idee und Verwirklichung des Werks teilen sich in drei Phasen: Zuerst tüftelte Baviera das aus, was er «Farbstrasse» nennt. Er erfand «Maschinen» und zeichnete Pläne. In einer zweiten Phase zimmerte er eigenhändig die entwickelten «Maschinen». Und die dritte Phase fand am Dienstag, dem 2. Dezember 1987, in einer ausgeräumten Halle des alten Gaswerks in Schlieren statt: Peter Baviera richtete seine «Farbstrasse» ein und nahm sie in Betrieb.

Am ersten Werkplatz erhielt jede Leinwand «automatisch» ihren Blau-Auftrag. Die zweite «Maschine» warf in kalkulierter Zufälligkeit gelbe Tupfer auf das Blau. An der letzten Station wurde Schwarz angebracht. Jedes der Bilder durchlief diese nahezu industrielle Fertigung, und gleichwohl hat jedes seinen ganz individuellen Ausdruck. «Bavieras Farbstrasse» ist jedoch weder als «Performance» zu verstehen noch als «Installation». Die Fertigung fand unter Ausschluss von Publikum statt. Die «Maschinen» wurden nach dem letzten Bild abgebaut und zerstört. Einzig die Werkaufnahmen des Fotografen Christian Küenzi dokumentieren den Verwirklichungsprozess der Idee. Was vom Kunstwerk blieb, sind die Bilder – das Bild, einhundertmal das gleiche, das dennoch nicht genau das gleiche darstellt.

Was stellt es denn dar? Der Betrachter darf sehen, was er mag. Am naheliegendsten jedoch ist eine Landschaft, denn durch die Farbgebung hat der Künstler eine solche bewusst intendiert. Aber nicht das Bild ist das Wichtigste an diesem Kunstwerk von Peter Baviera. Das Wichtigste sind die Idee und der Verwirklichungsprozess, die zu diesem Bild geführt haben.